Textoptimierung in der beruflichen Qualifizierung

Ein Beitrag von Dr. Inge Cremer, Institut für Textoptimierung Halle/Saale

Die Zukunft der Bildungsvermittlung ist digital, aber nicht (schrift-)sprachlos. Die neuen Medien ersetzen nicht die alten, sondern ergänzen und erweitern sie. Lehr- und Lerntexte sind Bestandteile digitaler Wissensvermittlung bzw. des Wissenserwerbs mit digitalen Medien.

Menschen mit einer Beeinträchtigung der Sprachkompetenz, besonders der Schriftsprachkompetenz, brauchen Texte ohne Sprachbarrieren. Diese aber sind typisch für herkömmliche Lehr- und Lerntexte.

„Texte ohne Sprachbarrieren“ sind sprachlich einfachere Texte, sie sind keine Texte mit einfacheren fachlichen Anforderungen. Ihr Ziel ist es vielmehr, den Zugang zu dem notwendigen Fachwissen für die beruflichen Anforderungen zu ermöglichen.

Was sind Sprachbarrieren?

Eine Verringerung des Zuckerkonsums ist unter Berücksichtigung der in Studien nachgewiesenen Beeinträchtigung der Gesundheit in Erwägung zu ziehen.

Kurz: Du solltest weniger Zucker essen. Zucker ist nicht gesund.

Sprachbarrieren, die in Alltagssituationen eingebaut sind, erkennen wir sofort. Dabei wäre es ein Leichtes, weitere Barrieren einzubauen, zum Beispiel eine indirekte doppelte Verneinung wie „von einer Verringerung des … ist nicht abzuraten“. Mit Attributen oder eingebetteten Nebensätzen könnte man die Folgen für die Gesundheit genauer differenzieren, kritische Mengenangaben nennen oder, wie in wissenschaftlichen Texten üblich, einige Studien mit Autorenschaft benennen. Der Satz würde zwar immer differenzierter, vor allem aber immer komplizierter werden.

Sprachbarrieren wie in dem Beispiel würden in einem Fachtext viel weniger auffallen, weil wir sie hier erwarten. Weil es das Ziel von Fachtexten ist, etwas differenziert zu beschreiben. Die Ursachen für Verstehensschwierigkeiten würden wir den Fachinhalten zuschreiben, nicht der Sprache.

Texte in der beruflichen Ausbildung sind Fachtexte, und daher finden sich in ihnen fachsprachliche Strukturen in einer hohen Dichte. Prüfungstexte in Berufsabschluss-Prüfungen werden bereits seit den 1990er Jahren für Menschen mit einer Hörschädigung textoptimiert. Im Projekt InProD2 soll dies auch für Lehr und Lerntexte in der Fachpraktiker-Ausbildung geschehen, indem Texte zu digitalen Lern-Apps oder die Wiki-Beiträge der Mediencommunity von Sprachbarrieren befreit werden.

Sprachbarrieren lassen sich auf Wort-, Satz- und Textebene identifizieren. Auf der Gestaltungsebene kann man das Verstehen inhaltlicher Strukturen zusätzlich unterstützen.

Ziele von InProD2 bezüglich der Textoptimierung:

  • Lehr- und Lerntexte zu Lern-Apps und Wiki-Beiträgen der Mediencommunity in eine einfache Sprache übertragen
  • Einen Leitfaden für das Erkennen und Vermeiden von Sprachbarrieren erstellen
  • Eine Software zum Erkennen von Sprachbarrieren entwickeln bzw. die Möglichkeit einer solchen Software testen

Beispiel für eine Textoptimierung: